Was zum Schutz von kulturhistorisch wichtigen Ortsbildern gedacht war, wird zum Rekursinstrument. Die verschärfte Gerichtspraxis zur Direktanwendung von ISOS wirkt bauverhindernd. Es besteht Handlungsbedarf!
Das Bundesinventar für schützenswerte Ortsbilder der Schweiz (ISOS) wirkt immer öfter bauverhindernd. In den schweizweit rund 1‘200 ISOS-Gebieten ist besondere Rücksicht auf bauliche Zeitzeugen gefordert und eine sorgfältige Güterabwägung nötig. Was als sinnvolles Instrument zum Schutz von Kulturgütern gedacht war, verkommt jedoch zum Einfallstor für Rekurse. Grund: eine strengere Gerichtspraxis, die zunehmend die Direktanwendung von ISOS verlangt und damit dem Bund de facto ein Vetorecht gegen lokale Projekte einräumt.
Direktanwendung als Rekursgrundlage
Liegt ein Bauprojekt im ISOS-Perimeter und ist gleichzeitig eine weitere Bundesaufgabe betroffen (z.B. Gewässerschutz, Bau von PV-Anlagen etc.) kommt bei erheblichen Veränderungen die ISOS-Direktanwendung zum Zuge. ISOS kann dabei sogar Vorgaben des Richtplans, der Bau- und Zonenordnung oder Gestaltungspläne übersteuern. Gewiefte Baujuristen nutzen diese Situation immer häufiger, um gegen Bauprojekte in ISOS-Gebieten vorzugehen. Folge: Bauprojekte werden nach langjähriger sorgfältiger Planung und Interessensabwägung zurückgewiesen.
Die verschärfte Gerichtspraxis bringt Rechtsunsicherheit, verzögert oder verhindert den Wohnungsbau und die Innenverdichtung. Der SBV fordert deshalb, dass die gesetzlichen Anpassungen vorgenommen werden, um die Anwendung der ISOS-Gebiete wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuzuführen. Gleichzeitig sollen die ISOS-Gebiete bzw. die Baudenkmäler schweizweit wieder mindestens auf den Stand aus dem Jahr 2016 reduziert werden.
Rund 1‘200 Ortsbilder sind schweizweit im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) erfasst. Darüber hinaus sind rund 91‘000 Baudenkmäler (+21% gegenüber 2016) und 53‘000 archäologische Stätten (+27%) geschützt, was rund 5% des Schweizer Gebäudebestandes entspricht. Aber auch bei den nicht geschützten aber inventarisierten 303'482 Gebäuden redet die Denkmalpflege bei Bauprojekten mit.