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Frauenfelderstrasse – Stadtrat scheut Mitsprache von Parlament und Bevölkerung

Auf Antrag des Stadtrates hat die Mehrheit der zuständigen Kommission gegen die Stimmen der Bürgerlichen die Vorlage zur Neugestaltung der Frauenfelderstrasse aus dem Jahr 2021 an den Stadtrat zurückgegeben. Damit wird die Sanierung und Neugestaltung der Frauenfelderstrasse dem politischen Prozess entzogen. Sie kann nur noch auf dem Rechtsweg bekämpft werden.

Normalerweise wird eine Vorlage nur an den Stadtrat zurückgewiesen, wenn die Umsetzung a) nicht dem Willen des Parlaments entspricht oder b) der Stadtrat aufgrund geänderter Rahmenbedingungen ein neues Geschäft vorlegen möchte. Bei der Frauenfelderstrasse wird dem kaum so sein – im Gegenteil. Wir erwarten, dass der Stadtrat das bisherige Vorhaben in eigener Kompetenz durchziehen wird, d.h. unter Ausschaltung des bis anhin laufenden politischen Prozesses in der Kompetenz des Stadtparlaments und – im Falle eines Referendums – des Volkes. Wie ist das möglich?

 

Neues Projekt in Stadtratskompetenz

In der neuen Gemeindeordnung, welche am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist, wurden die Finanzbefugnisse des Stadtrates bei Krediten für nicht gebunden Ausgaben von Null auf Fr. 2 Mio. erhöht. Für das Projekt Frauenfelderstrasse wurden diese Kosten auf Fr. 490'000 festgelegt. Deshalb kann der Stadtrat nach Rücknahme des Projektes nun das Projekt in eigener Kompetenz genehmigen. Mit dem Rückzugsantrag hat der Stadtrat die Sanierung/Neugestaltung der Frauenfelderstrasse mit Zustimmung der zuständigen Kommission dem politischen Prozess entzogen. Weder das Parlament noch die Bevölkerung können den politischen Weg des (Parlaments-) Referendums beschreiten, falls sie mit der Vorlage nicht einverstanden sind. Es kann gebaut werden, was immer der Stadtrat will, sofern er keine rechtlichen Fehler begeht.

 

Umstrittenes Projekt

Die Neugestaltung/Sanierung der Frauenfelderstrasse war im Vorfeld bereits stark umstritten. In der Auflage nach Art. 13/14 haben sämtliche Verkehrsverbände der Stadt Winterthur gemeinsam Einsprache beim Stadtrat gegen dieses Projekt eingereicht. Da das Projekt nun dem politischen Prozess entzogen ist, kann der Stadtrat mit diesen Einwendungen umgehen, wie er will. Es bliebe nur noch der Rechtsweg, wenn man sich gegen die zu erwartende Neugestaltung der Frauenfelderstrasse wehren will. Und das kann die notwendige Sanierung der Frauenfelderstrasse um Jahre hinauszögern.

 

Höhe der gebundenen Ausgaben fraglich

Zu den mit den Einwänden erhobenen verkehrstechnischen und planerischen Kritikpunkten kommt hinzu, dass die als gebunden erklärten Ausgaben in diesem Projekt nicht korrekt ausgewiesen sein dürften. Wird eine Strasse neu gestaltet, kann es nicht sein, dass sämtliche Honorare für Projektierung und Realisierung den gebundenen Ausgaben zugewiesen werden und für die nicht gebundenen Ausgaben für die Neugestaltung keine Honorare anfallen sollen. Es kann auch nicht sein, dass zwar im Gesamtprojekt Reserven und Stadtratsreserven eingerechnet sind, für die Neugestaltungselemente aber nicht. Auch die Eigenleistungen des Bauherrn werden bei den nichtgebundenen Ausgaben nicht ausgewiesen. Es ist inskünftig wichtig, dass das Parlament bei diesen Berechnungen genau hinschaut und die Kosten noch genauer hinterfragt.

 

Mehr Dialog für tragfähige Lösungen

Ich verstehe nicht, weshalb der Stadtrat die politische Diskussion im Parlament und mit der Bevölkerung scheut. Gerade in einem so umstrittenen Geschäft wäre diese besonders wichtig. Persönlich wünsche ich mir, dass der Stadtrat die Bevölkerung und das Parlament frühzeitiger in die wichtigen und notwendigen Diskussionen einbindet. Denn nur so kommen wir zu breit abgestützten und tragfähigen Lösungen.